Hausgeburt Ayala

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Ich möchte für Dich Deine Geburtsgeschichte aufschreiben, ehe sie in unserem ausgefüllten Leben zu dritt, zu viert mit der Hundedame Blossom, untergeht.So etwas Außergewöhnliches, wie die Grenzerfahrung Deiner Geburt für mich war, ist so schnell nicht mehr fassbar. Das merke ich schon jetzt, eine Woche danach.Seit dem November habe ich Tag für Tag Deine Bewegungen gespürt. Nicht einen Tag warst Du wieder still. So wusste ich immer, wie es Dir geht. Meist waren es weiche, runde Bewegungen, als ob Du Dich dehnst oder streckst. Selten hast Du mal gezuckt oder geklopft. Noch zwischen den Wehen am Tag der Geburt haben sie mir gezeigt, dass es Dir gut geht.Ich bin in großer Ruhe auf die Geburt zugegangen. Am Schluss wurde es mit dem großen Bauch doch beschwerlich. Zwischen den beiden letzten Donnerstagen ist der Bauchumfang noch mal um 5 cm gewachsen. Da begann ich mich wirklich schwer zu fühlen. Die Gelenke im rechten Bein begannen beim Gehen und Stehen zu schmerzen. Aber zumindest den Morgenspaziergang mit Blossom habe ich bis zuletzt geschafft, auch an deinem Geburtstag.Am 29. April bei der Morgengymnastik ging der Schleimpfropf ab, der den Ausgang der Gebärmutter verschließt. Das sagte mir, dass Du Dich auf den Weg machst. Ich freute mich. An dem Morgen schien mir die ganze Welt schöner, der Frühling ging mir noch mal näher. Es waren die ersten warmen Tage und alles begann zu blühen und zu sprießen. Ich freute mich über jede kleine Wehe, die Dich ankündigte.Normaler Weise wäre Günter am Abend zu Biodanza gegangen. Aber er entschied sich, bei mir zu bleiben. So gab es noch mal einen letzten Abend zu zweit mit Abendessen bei Kerzenschein, im Bett vorlesen und Bauch einölen. Die ersten Wehen, die so heftig waren, dass ich nicht wusste wohin mit mir und das Bauch-Atmen nicht mehr klappte, kamen am 30. April mittags, kurz nachdem ich mit Felicia telefoniert hatte.Als die erste solcher Wehen kam und der Schreck über den Schmerz mir das Atmen schwer machte, klammerte ich mich an Günter und wollte ihn nun auch nicht mehr weglassen. Er hatte nämlich den ganzen Vormittag Einkäufe und Bankangelegenheiten in der Stadt erledigt. Mir war nun klar, dass wir Felicia anrufen mussten. Wir fühlten uns beide hilflos-hilfsbedürftig mit diesem Geschehen. Das war aber auch eine besondere Wehe gewesen. Sie dauerte 4-5 Minuten. Solang waren die späteren dann nicht mehr.Günter rief Felicia an und musste dann noch mal weg. Dafür kam seine Mutter hoch und versuchte wackelig, wie sie selbst auf den Beinen ist, mir die Wehen mit Streichen über das Kreuz zu erleichtern. Ich war sehr gerührt. Denn sie war bisher nur ein Mal bei uns oben gewesen, als wir sie zum Kaffee und Wohnung besichtigen eingeladen hatten.Günter kam in etwa mit Felicia zusammen an. Das war so um halb 3. Dann erfuhr ich endlich, dass schon ein Stück geschafft war: der Muttermund war bereits 3 cm offen. Nun war für mich wenigstens ganz klar: die Geburt hat begonnen. Aber bald dachte ich nicht mehr an Geburt, nicht mehr an Dich. Nur manchmal zwischendurch fiel mir wieder ein, worum es eigentlich geht. Ich war komplett beschäftigt, die Wehen auszuhalten, meinen immer wieder panischen Atem etwas zu beruhigen durch tiefes Atmen in den sich verkrampfenden Bauch hinein, wie mich Felicia immer wieder ermahnte. Das fiel mir sehr schwer und zunehmend schwerer. Die Ermahnungen waren wirklich nötig. Günter machte noch ein Photo von mir auf dem Bett und eins von Felicia vor dem Engel in Deinem Zimmer. Da konnte ich gerade noch ein bisschen lächeln. Hier „veratmeten“ Felicia und ich gemeinsam noch ein paar Wehen, während ich auf dem Bett lag. Dann wollte ich in die Badewanne. Doch dort wurde es nur insofern leichter, als dass ich mich zwischen den Wehen besser entspannen konnte. Dieses Entspannen war sehr wichtig, um  für die nächsten Runden Kräfte zu bewahren und zu sammeln. Es kann ja niemand sagen, wie lange es dauern wird. Felicia sagte mir später, dass ich das Entspannen zwischendurch ziemlich gut konnte, wenn ich auch sonst zum Außer-mir-geraten neigte, was nicht so förderlich war.Aber ich rang mit all meinem guten Willen mit dieser Außer-mir-geraten-Tendenz und versuchte Felicia zu folgen, die immer wieder und wieder mahnte: „Langsamer atmen, tiefer!“Während ich so in der Badewanne kämpfte, kam Günter’s Mama noch mal vorbei und wollte mich sehen. Sie hätte keine Ruhe mehr gehabt. Sie hatte eine zittrige Stimme und Tränen in den Augen. Günter brachte Felicia einen Obstteller ins Bad.Langsam gab es keine Position mehr, in der ich mich wohl fühlte. Ich suchte nach einer, die mir Erleichterung bringen könnte, merkte aber zunehmend, dass ich nicht mehr die Kraft zum Ausprobieren hatte. Mein geliebter Vierfüßlerstand ging nicht mehr, als ich aus der Wanne draußen war, weil meine Arme mich nicht mehr trugen. Der Muttermund war jetzt 5-6 cm geöffnet. Ich glaube, ich habe Felicia nicht mal geantwortet, als sie mich fragte, ob sie noch mal nachsehen solle. Obwohl ich gerade aus der Wanne kam, wurde mir an den Gliedmaßen kalt. Das erschrak mich sehr, weil mir schien, dass jetzt mein Muster: „Bei Gefahr Köper verlassen“ einsetzen wollte. Das durfte nicht passieren. Ich habe so etwas geschrien wie: „Ich sterbe ab! Ich will hier raus!“ Das war mein panischster Punkt. Günter versuchte mich zu halten. Es war entscheidend, dass er jetzt mit seinem Körpereinsatz dazu kam. Streicheln half mir gar nicht. Gehalten wollte ich gern werden, möglichst fest. Aber so wie er das erstmal versuchte, hätte er es nicht lange durchgehalten. Da ging Felicia ihre Sachen aus dem Auto holen, und sie bauten in aller Eile Dein Zimmer um. Auf den Fußboden kam ein Flies und auf dem Bett eine Plane unter das Laken. Ich bekam das alles nur am Rande meines Bewusstseins mit.Günter brachte mich noch mal auf die Toilette, da ich nicht mehr allein stehen konnte und jede Bewegung, die ich machte, eine neue Wehe auszulösen schien. Dann wurde ich auf den Gebärhocker gehievt. Sie hätten sonst was mit mir machen können. Ich hätte nicht mehr nachdenken können, was mir jetzt das Liebste wäre.Günter saß hinter mir auf einem Stuhl und hielt mich ganz fest. Sobald er auch nur ganz kurz locker lies, rief ich: „Nicht loslassen!“ Mir schien, dass ich ohne die Wärme im Rücken und das Gefühl von den fest drückenden Armen verloren wäre. Die hielten mich zusammen im Hier und Jetzt. Einmal dachte ich sogar kurz: „Wie sollte ich das ohne seine Liebe und seine Kraft jemals schaffen?!“ Ich hatte kaum Zeit und Kraft zu sagen, was ich brauche. Wenn ich etwas rief, dann immer nur ganz kurz und gepresst. Ich brauchte all meinen Atem für die Wehen.Es waren 2 Menschen da, die mich hielten: Günter hinter mir und Felicia vor mir am Boden, mich ermahnend, ermunternd, aufweckend, zurückrufend und ich folgte. Gemeinsam waren wir stärker als der Fluchttrieb (der „Hüter“, wie er im Essence Training genannt wird).Ein Trick, um aus dem hektischen Atmen rauszukommen, war auch: Luft anhalten und es dann erneut versuchen. Irgendwann verfiel ich darauf, dass es mir ein wenig half, meinen Schmerz herauszurufen. Ich schrie/sang „JA!“Einmal lies Felicia mich die Fruchtblase fühlen, später, als sie kurz vor Schluss geplatzt war, auch Deine Kopfhaut. Die fühlte sich ganz weich und schrumpelig an. Ich glaube, das gab mir auch noch mal Motivation mich beim Herauspressen anzustrengen, damit es für diesen zarten Kopf nicht so lang dauert.An einem Punkt begann ich zu singen in dem Versuch, mich trotz aller Schmerzen und Schwäche zum Weiterarbeiten zusammenzufassen:„Let your litte light shine shine shine,Let your litte light shine, O my Lord!There may be someone down in the valleyTrying to get home.“Ich dachte dabei an Dein Licht, und dass es hier scheinen kann.Es baute mich auf, meine dabei immer sicherer und kräftiger werdende Stimme zu hören. Sie wurde zwar von den Wehen immer wieder gebrochen, aber trotzdem: mittendrin in meiner Not war sie eine Zeitlang da gewesen und sagte mir, Du bist noch nicht am Ende, Du hast noch Mut und Kraft.Irgendwann begann Felicia mich aufzufordern mitzupressen: „Luft anhalten und Drücken“. Das war nicht leicht, weil ich dadurch den Schmerz der zum Zerreißen gespannten Scheide erhöhte. Aber es war leichter, nun etwas tun zu dürfen, als nur erdulden und atmen. Immer wieder Kräfte sammeln und bei der nächsten Wehe erneut mit pressen. Diese Phase dauerte für mein Gefühl etwa eine knappe Stunde. Felicia prüfte dabei immer wieder Deine Herztöne. Das vertraute Geräusch machte mir Mut, auch wenn die Berührung des Geräts mir unangenehm war. Dein Herz schlug zu jeder Zeit munter im Gleichtakt vor sich hin. Du schienst weder nervös zu sein, noch Dich besonders anstrengen zu müssen.Die Tage betrachte ich immer wieder Deinen zarten Kopf und staune, wie er mitgemacht hat, Dir voran den Weg gebahnt hat. Das ist einfach erschütternd zu denken: dieser schöne zarte Kopf war in dieser unglaublichen Enge drin, für soooo lange Zeit!Felicia feuerte mich immer wieder an, sagte dass es gut vorwärts geht. Aber ich wusste nicht, wie lange es noch dauert. Ich musste gegenüber den Schmerzsignalen aus Beinen, Kreuz, zwischen den Beinen, Rücken, Hals... gleichgültig werden, die zu sagen schienen: „Ich kann nicht mehr!“ Das durfte ja nicht sein. Und doch ging es immer weiter. Immer wieder schaffte ich es, Kraft zum Pressen zu finden. Das erstaunte mich selbst. An und über diese scheinbaren Grenzen der Leistungsfähigkeit meines Körpers hinaus war ich noch nie gegangen.Dann rutschte auf einmal Dein Kopf durch, wie mit einem Knall. Ich durfte noch mal kurz Kraft sammeln. Dann pressten wir Deinen Körper hinaus. Ich konnte mich noch nicht freuen, war überrascht über diese Schnelligkeit. Eben war es doch noch so schwer, so eng gewesen!? Ich sah Dich, blutverschmiert und schleimig, wie durch Nebel und hörte Dein gurgelndes, durch Wasser ersticktes Schreien, das sofort einsetzte.Dann weiß ich die Reihenfolge nicht mehr. Erstmal wurde ich aufgefordert, die Plazenta herauszupressen. Das ging ganz leicht mit einem Platsch. Am ersten Mai, dem Tag danach, habe ich sie mir angesehen: sie war groß und rund wie ein Frühstücksteller. Günter hat sie am Fuße des weißen Flieders vor dem Schlafzimmer in der Erde zur Ruhe gelegt und den Platz mit weißen Steinen versehen. So ist sie ganz nah bei uns. Das fühlt sich gut an.Ich sah noch, wie Günter eine Schere in die Hand bekam und die Nabelschnur durchschnitt. Dann wurde ich gefragt: „Willst Du Dein Kind auf die Brust haben?“ Ich brauchte eine Weile, um zu antworten. „Ja, aber ich kann es ja gar nicht halten.“ Alles an mir schlackerte und bebte. Da hielt Dich dann Felicia auf meiner Brust fest. Haut auf Haut. Das war nur kurz. Ich hätte mehr Zeit gebraucht, um es noch tiefer aufzunehmen. Aber die Erinnerung an das Gefühl auf der Haut habe ich noch. Felicia aber machte sich Sorgen: „ Es ist sehr viel gerissen, und sie verliert viel Blut.“ Da hörte ich es auch plätschern. Sie wäre dafür, dass wir ins Krankenhaus fahren und das nähen lassen.Dann wurde ich aufs Bett gelegt. Du wurdest kurz abgewischt, in ein Handtuch gehüllt und neben mich gelegt. Felicia rief im Höchster Krankenhaus an und dann auch die 112 für einen Krankenwagen. Ich sah Dich nun zum ersten Mal richtig. Dein Profil berührte mich. Es erinnerte mich an Rebekka. „Ja, sie sieht aus wie eine Ayala.“ dachte ich. Felicia fragte mich: „Na, willst Du wissen, was es ist?“ Dann wickelte sie Dich ein bisschen aus: ein Mädchen, wie wir es immer erwartet hatten. Du durftest dann von der Brust trinken und ich berührte Deine Hand, die sich sofort fest um meinen Finger schloss. Das beeindruckte mich.Der Rest verschwand in einem Nebel aus Schmerzen, Schlackern und Schwäche. Denn die Nachwehen hatten sofort begonnen, noch auf dem Gebärhocker. Doch durch die paar Eindrücke war mein Herzensinteresse an Dir neu geweckt. Im Krankentransport, im Kreißsaal reckte ich immer wieder den Kopf nach Dir.Die Frauen im Kreißsaal lächelten alle sehr lieb. Doch das Nähen war noch mal eine Herausforderung für mich. Trotzdem ich lokal betäubt wurde, bekam ich Panik, noch mal Schmerz zu fühlen. Das Zittern verstärkte sich wieder und mein Atem hyperventilierte. Mir klapperten auch die Zähne. Ich rief nach einer Hand. Günter kam. Ich klammerte mich an ihm fest und rief immer und immer wieder seinen Namen. Ich hatte mein Letztes gegeben. Nochmal zwischen den Beinen Schmerz zu fühlen, wenn auch nur dumpf, diese Stelle überhaupt preiszugeben, war sehr schwer. Günter legte Dich dann neben mich. Deine Nähe beruhigte mich sehr. Du warst ruhig. Dir ging es offenbar gut. Du hattest keine Verletzung. Das tat gut, das zu sehen.Wir beide blieben über Nacht im Krankenhaus. Beim ersten Pinkeln-Gehen begleitete mich eine Krankenschwester. Das war ein Abenteuer: dabei eine einzige unförmig geschwollene Wulst zwischen meinen Beinen zu fühlen. Die Nacht habe ich nicht viel geschlafen, Du schon. Die Bilder und Erlebnisse der Geburt bebten in mir nach. Außerdem  hatte ich die starken Nachwehen. Aber in all dem merkte ich, wie mein Herz sich weit für Dich öffnete. Ich versuchte weder an das Vergangene, noch an das Zukünftige (ob ich noch mehr Kinder möchte) zu denken, sondern das Jetzt zu empfinden: Deine Gegenwart und Günters Liebe.Am Morgen, als Du aufwachtest, erzählte ich Dir von Günter und mir, wie ich mich freue, noch am Leben zu sein, die Geburt bewältigt zu haben und nun mit Euch beiden zusammen zu sein. Als ich Dir von meiner Schwäche erzählte, dass ich außer mir gerate, wenn etwas richtig schwer wird und Dich fragte, ob Du diese Schwäche vielleicht gar nicht kennst, sondern eher andere Schwächen hast, habe ich dich zum ersten Mal lachen sehen.Günter holte uns am späten Vormittag ab. Ich weinte vor Freude ihn wieder zu sehen.Und dann begann unser Leben zu dritt, na ja, zu viert. Alles Vergangene rückte schnell in den Hintergrund. Es gab so viele neue Sachen zu lernen: Stillen, Wickeln, Dich anziehen, neu Schlafen-Lernen trotz Unterbrechungen, Tragetuch-Binden, Dir beim Einschlafen helfen, meine Wunden versorgen, genug Essen und Trinken, Dich einfach nur ansehen und das Glück begreifen.Ich bin wirklich sehr glücklich. Mir ist als habe ich Dich schon lange vermisst, und nun bist Du endlich wieder da. Ich freue mich auf das Neue, das Du bringst.

Felicia Laupheimer-Bouzid Tel: 069/57608626